Dienstag, 2. August 2011

Super 8


Nahezu jeder Filmgeek, der etwas auf sich hielt, explodierte vor Euphorie, als im Mai vergangenen Jahres das Marketing der neusten Regiearbeit von JJ Abrams auftauchte. Wie für Abrams so typisch, verriet der erste Teaser so ziemlich gar nichts, war dafür aber der Beginn einer großen viralen Kampagne. Der unverbrauchte Clou: Dieses Mal arbeitet er mit niemand geringerem als Steven Spielberg zusammen.
Aber irgendwie hat mich Super 8 eher kalt gelassen. So kurz nach Cloverfield hätte ich einen weiteren Monsterfilm aus der Abrams-Welt nicht gebraucht, und für den hööööööchst unwahrscheinlichen Fall, dass uns ein Alien erwartet, so habe ich seit Indiana Jones und das Königreich der Kristallschädel auch genug davon, dass Spielberg uns seine Faszination für die Viecher unentwegt ins Gesicht reiben muss.

Späteres Werbematerial konnte mich auch nicht umstimmen, und während insbesondere auf US-Filmblogs ein gewaltiges Super 8-Fieber entbrannte, konnte ich nur mit den Schultern zucken. Die wirklich überaus enthusiastischen US-Kritiken ließen mich deshalb auch eher verwirrt zurück - ich hatte stets diese Vorahnung, dass nach Kinostart eher Desilluisionierung bei einigen US-Bloggern auftreten würde. Tja, weit gefehlt.

Da saß ich dann also im Saal, in dem gleich die Lichter ausgehen und Super 8 läuft; da saß ich, zwar durchaus vorfreudig, da es immerhin der neue Abrams und gleichzeitig auch der neue Spielberg ist, aber auch etwas gefühlskalt, da ich zuvor sprichwörtlich ratlos herumstand, während ein gewaltiger Hype um den Film ausbrach. Dann ging's los, und Super 8 hat mich sofort verzaubert: Der im Sommer 1979 spielende Film legt seinen Fokus zunächst auf eine Gruppe befreundeter Jungs. Einer von ihnen ist begeisterter Hobbyfilmer, und mit Hilfe seiner Freunde dreht er einen Zombiestreifen, den er zu einem Amateurfilmwettbewerb schicken möchte. Das engagierte Dickerchen (Schon bemerkt? Jeder Film über Kinderfreundschaften benötigt seinen Quotendicken...) schreibt nach der Hälfte der Dreharbeiten eine neue Figur ins Skript, eine weibliche Hauptrolle, die für mehr Gefühl sorgen und dem Film somit den Sieg beim Wettbewerb bringen soll.

Und dieser Einstieg in Super 8 ist einfach großartig, denn Abrams ging als Autor und Regisseur mit so viel Passion an die Gespräche der Kinder heran, dass sich dieser ganze Zauber aufregender Sommerferien sofort auf einen überträgt. Hinzu kommt, dass die Kinderdarsteller wirklich erste Sahne sind. Was schauspielernde Kinder angeht, bin ich sehr schnell genervt; entweder übertreiben sie oder sie machen gar nichts, sie wirken so oft unecht. Nicht aber hier, sie sind allesamt glaubwürdig, natürlich und auch liebenswert. Tja, und so bangte ich dann um diesen wundervollen Film, der einfach nur die Sommererlebnisse einiger aufgeweckter Kinder erzählen möchte. "Müssen Spielberg und Abrams mir diese schöne Kinder-Geschichte durch den blöden Monsterquatsch kaputtmachen? Ich hab bereits Cloverfield gesehen, ich brauch den nicht nochmal, nur mit Retro-Spielberg-Kameraaufnahmen an Stelle der Wackelkamera..."

Und dann... WHAM! Als die Kinder Zeugen eines Zugunglücks werden, pfeffert einem Abrams eine der eindrucksvollsten Actionsequenzen der letzten Kinojahre um die Ohren. Das Adrenalin schnellt in die Höhe, und da sowohl praktische, als auch digitale Effekte eingesetzt werden, sich Abrams auch die Mühe gibt, in dem Trubel eindringliche Bilder zu komponieren, setzt sich diese Szene auch sofort im Film-Langzeitgedächtnis fest. Das ist eine Szene, an die man sich noch in vielen Jahren erinnern wird - tja, und kaum hat Abrams mit diesem Monstrum einer Katatsrophensequenz meine Aufmerksamkeit bezüglich "dieser anderen Storyline" gepackt, lässt er sie nicht mehr los.

Ich war echt fasziniert, wie daraufhin ausgewogen der Mystery- und Action-Part mit dem warmherzigen Jugenddrama vermengt wurde. Ich hatte nie das Gefühl, zwei halbe Filme zu sehen, die ineinander geschnitten wurden. Es sind zwei vollwertige Filme, die man in Super 8 zu sehen bekommt. Gleichzeitig. Und sie profitieren voneinander. Die Spannungsmomente werden richtig schön "Old School" vorbereitet und haben ihre eigene Dramatik, während die Kinder für sehr viel Witz und auch Herz sorgen. Jaaa, ab und an wird es etwas kitschig, ein paar Szenen hätten gedrosselt werden sollen, aber die Gefühle bleiben dennoch "lebensecht" und es wird nie so zuckrig-klebrig, wie es wohl unter der Regieführung Spielbergs der Fall gewesen wäre. Abrams hält sich da noch zurück.

Ein wenig liegt es auch an den Figuren selbst: Hätte ich die Kinder in Jurassic Park gerne schon ab der ersten T-Rex-Szene als Echsenfutter gesehen, finde ich die Buben (und das Mädel) in Super 8 absolut sympathisch. Klar, dass ich mich da auch mehr für deren rührenderen Momente engagieren kann.

Michael Giacchino hat wieder einmal einen göttlichen Score geschrieben, der einen eigenen Charakter hat und gleichzeitig ganz der Tradition der magischen 80er-Blockbuster verschrieben ist, der Film hat auch nach dem Zugunglück einige tolle Kameraaufnahmen zu bieten und die Nerds unter uns werden einige Abrams-Insidergags finden. Einfach klasse.

Wer Piraten nicht mag (der schämt sich bitte... aber darauf will ich gerade nicht hinaus), keine Ahnung von Harry Potter hat, sich kloppende Alien-Roboter dämlich findet und wem bei den diesjährigen Superhelden-Filmen irgendwie der Extra-Schuss Seele fehlte, der geht bitte in Super 8. Es ist euer Blockbuster des Jahres. Oh, und natürlich sind auch die Transformers-Kinogänger herzlich eingeladen. So sieht eine gescheite Spielberg-Produktion aus, Leute!

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