Freitag, 16. Juli 2010

Mein Mann kann

Heute startete auf Sat.1 mit Mein Mann kann der jüngste Versuch, wieder eine klassische Gameshow im deutschen Fernsehen zu etablieren. Das grundlegende Prinzip der Sendung orientiert sich sogar an die guten, alten Klassiker dieses Formats: Vier Paare treten in Spielen unterschiedlichster Natur gegeneinander an, um 50.000 Euro zu gewinnen. Keine zwanghafte Orientierung am längst abgeebneten Quizshow-Boom, keine Promipaten. Dennoch findet man in Mein Mann kann ein Element, das ganz klar in der Hoffnung eingebaut wurde, modern und frisch zu wirken: Poker. Das hat sich ja sehr erfolgreich im Fernsehen etabliert.

Das Konzept

Was genau geschieht denn nun in Mein Mann kann? Das simple, und dennoch effektive und einfallsreiche Konzept dieser Sendung setzt vier Frauen an einen Pokertisch, an dem sie wetten, wie gut ihr Mann in einer Prüfung abschneiden wird. Dabei überbieten sie sich gegenseitig und hoffen, letztlich den Zuschlag zu bekommen. Denn die Meistbietende schickt ihren Partner in die Arena, wo er dann gezwungenermaßen versuchen muss, die Prognose seiner Frau zu erfüllen. Schafft er es, beispielsweise die erforderten acht Chilischoten in 45 Sekunden zu essen, acht Sesamstraße-Figuren in einer Minute aufzuzählen oder 5 Gegner im Armdrücken zu besiegen, dann erhält seine Frau sämtliche in dieser Setzrunde gewetteten Chips. Nach vier Runden fliegt ein Paar raus, nach zwei weiteren Runden verlässt das nächste Paar die Show. Im Finale geht es dann um alles: Bewältigt der Mann, dessen Frau den höchsten Einsatz abgab, seine Aufgabe, bekommt das Paar 50.000 Euro. Versagt es, gewinnt das andere Paar das Preisgeld.

Ein hübsches Spielprinzip, das Raum für Wettbewerbe aller Art zulässt und zudem darauf beruht, wie gut sich die Kandidatenpaare kennen und ihre Konkurrenten einschätzen. Das erinnert wohlig an die Blütezeit der deutschen Gameshow. Auf dem Papier funktioniert es, und (so viel sei gesagt), auch die Umsetzung kann unterhalten. Dennoch muss weiter an der Show gefeilt werden, denn an manchen Ecken wirkt sie recht uneingespielt.

Die Poker-Thematik

Ich bin sehr unentschlossen, was ich von der Poker-Aufmachung bei Mein Mann kann halten soll. Zunächst einmal wirkt sie sehr aufgesetzt, über das eigentliche Spielprinzip gestülpt und ein wenig erzwungen. Die Sendung könnte problemlos ohne das Poker-Setting funktionieren und das merkt man auch. Andererseits hebt diese Verpackung Mein Mann kann von den üblichen Gameshow-Versuchen der letzten Jahre ab und sorgt für eine eigenes, stilvolles Themening. Ausgiebig genutzt wurde es in der ersten Ausgabe allerdings nicht, stattdessen offenbarten sich beim Pokern einige Schwachstellen, die danach verlangen, ausgefeilt zu werden. Vor allem muss es natürlicher in den Fluss der Sendung eingebettet werden. Durch ein stärker thematisiertes, atmosphärischer beleuchtetes Studio, die passende Hintergrundmusik und glattere Anmoderationen wäre bereits viel getan. Des Weiteren ist das Tempo der Setzrunden verbesserungsfähig. Entweder man strafft die Setzrunden, so dass sie nicht weiter dermaßen zäh ablaufen, oder man bemüht sich um mehr Spannung innerhalb der Setzrunden und dehnt sie entsprechend aus. Letzteres bräuchte eine angemessene Moderation, die stichelt, anspornt und gelegentlich auch linkt sowie ein an richtigen Pokersendungen orientiertes On-Air-Design.

So oder so: Man sollte das Poker-Themeing keinesfalls rausstreichen, aber es benötigt definitiv noch Feinschliff sowie die Integration weiterer Pokerelemente. Bluffen, checken, usw. Das brächte mehr Dynamik in den Ablauf.

Die Moderation

Die Talkerin Britt Hagedorn macht als Gameshow-Moderatorin keine schlechte Figur. Sie vermeidet absolute Todsünden (abgesehen davon, dass sie sich das künstliche Erzeugen von Spannung noch abtrainieren muss), ist kein emotionsloser, schleichend redender Roboter wie Marco Schreyl und ich traue ihr zu, in dieser Rolle noch wärmer zu werden und sich zu verbessern. Das war's aber schon. Über das gesunde Mittelmaß wird sie (vermutlich) nicht hinauswachsen. Sie liefert das, was die Sendung braucht und kein Stück mehr. Sollte die Sendung erfolgreich werden und lange laufen, wird man in zehn Jahren nicht zurückblicken und sagen "boah, die Britt, das war noch 'ne Moderatorin". Dafür fehlen ihr das gewisse Etwas und eine einvernehmende Qualität. Co-Moderator Hanno ist überflüssig, seine Einspieler in denen er die Spiele bereits antestet wären das erste, was ich aus der sendung streichen würde. Hanno ist zwar nicht unsympatisch, aber seine Funktion in Mein Mann kann ist nunmal eine vom Sender erschaffene. Anscheinend wollte man unbedingt eine Doppelmoderation, anders kann man sich sein Auftreten nicht erklären.

Wen ich gern in dieser Sendung sehen würde? Ich finde, dass es ein perfektes Konzept für Jürgen von der Lippe ist. Interaktion mit Pärchen, die Präsentation von verrückten und weniger verrückten Spielchen, die Erzeugung von Spannung aus dem Nichts und gelegentliche Witzchen, das sind seine Stärken und von denen könnte die Show profitieren, außerdem könnte er zu Beginn der Setzrunden mit seiner Art für etwas Verwirrung und dadurch packenderes Pokern sorgen. Denn wie die Setzrunden jetzt beginnen, ist äußerst befremdlich: Britt zieht eine Karte, auf der ein Symbol ist. Sie rätselt laut, was die Aufgabe sein könnte, woraufhin sie eine zweite Karte zieht und sofort mit der Tür ins Haus fällt. Weshalb lässt man die Frauen nicht erstmal im Dunkeln tappen und startet eine Setzrunde nach dem ersten Symbol?

Fazit

Obwohl Mein Mann kann im Detail verbessert werden muss, will Sat.1 einen Dauerbrenner auf der Hand haben, hat mich das Spielprinzip überzeugt. Es ist erfrischend, kann gleichermaßen spannend und unterhaltsam sein und wenn sich die Showmacher warm laufen, könnte man auch Raum für herausstechende Momente finden. In der jetzigen Form bietet es immerhin rund zwei Stunden gute Freitagabendunterhaltung. Jetzt müsste es bloß noch live oder wenigstens live on tape sein, denn die deutlichen Schnitte nehmen viel von der Atmosphäre.


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